Dan Swanö meldet sich zurück
Dan Swanö gehört seit Jahrzehnten zu den umtriebigsten Figuren der schwedischen Metalszene. Als Produzent hat er Größen wie Opeth, Marduk oder Dissection betreut, als Musiker wirkte er in Bands wie Edge of Sanity, Bloodbath, Nightingale oder Pan.Thy.Monium. Nach längerer Abstinenz als aktiver Musiker meldet er sich nun mit seinem neuen Projekt Witherscape zurück – unterstützt von Multiinstrumentalist Ragnar Widerberg, der alle Gitarren- und Bassspuren übernahm, während Swanö den Rest selbst einspielte.
Wer Swanö kennt, weiß, dass man bei ihm nie genau vorhersagen kann, wohin die Reise geht. Auch The Inheritance verweigert sich einfachen Schubladen und bietet einen wilden, aber erstaunlich homogenen Mix.
Zwischen Death Metal, Prog und 70er-Flair
Schon der Opener „Mother of the Soul“ macht klar, dass Swanö seine Death-Metal-Wurzeln nicht vergessen hat: melodisch, hart, mit Voivod-angehauchtem Riffing und seinem markanten Growl. Gleichzeitig schimmern Nightingale-typische Melodien durch, bevor klassische Heavy-Metal-Einflüsse den Song abrunden. „Astrid Falls“ wiederum wirkt wie eine Kreuzung aus Edge of Sanity und Rush, komplettiert durch warme 70er-Synthieklänge.
Die Vielseitigkeit zieht sich durchs gesamte Album. „Dead for a Day“ beginnt wie eine Singer/Songwriter-Nummer, mutiert in Classic-Rock-Gefilde und wird plötzlich von modernen Sepultura-/Korn-Riffs aufgebrochen. „Dying for the Sun“ startet hypnotisch mit Akustikgitarren und driftet in Richtung Stoner Rock, gekrönt von einem elegischen Mittelteil mit Synthies. Und wenn „To the Calling of Blood and Dreams“ zunächst an Priest oder Accept erinnert, entwickelt er sich später zu einem Stoner-lastigen Stück mit Alternative-Rock-Atmosphäre und tollen mehrstimmigen Gesängen.
Doch damit nicht genug: „The Math of the Myth“ spielt gekonnt mit Power-Metal-Elementen, nur um sie kurz darauf mit 70s-Rock-Vibes zu brechen. „Crawling from Validity“ tarnt sich erst als Akustikballade, wird dann aber von orientalisch anmutenden Death-Metal-Riffs zerschnitten und nimmt in der Bridge erneut Rush-Einflüsse auf. „The Wedlock Observation“ beginnt balladesk, baut sich doomig auf und kippt schließlich in progressiven Death Metal mit 70er-Anleihen.
Den Abschluss bildet schließlich der Titeltrack „The Inheritance“ – eine kurze, melancholische Pianoballade, die nach all den Soundexplosionen einen ruhigen Ausklang schafft.
Ein Meisterwerk ohne Grenzen
So wild die Zutaten auch klingen: Hier ist nichts Flickwerk. Alle Elemente greifen nahtlos ineinander, jeder Ton sitzt. Trotz der Fülle an Spuren klingt das Album nie überproduziert – im Gegenteil, die Produktion ist angenehm basisch gehalten. Dazu kommt das stimmungsvolle Artwork von Travis Smith, das die Musik perfekt ergänzt.
Swanö hat mit Ragnar Widerberg ganz offensichtlich einen Bruder im Geiste gefunden. Das Zusammenspiel wirkt so organisch, dass man kaum glauben mag, es handle sich nur um ein Zweimannprojekt.
Fazit
The Inheritance ist nicht weniger als ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres – und dürfte den Test der Zeit bestehen. Für mich das stärkste Werk mit Swanö-Beteiligung seit dem Jahrhundertalbum Moontower (1998).
Klare Ansage: Jeder halbwegs normal gebliebene Musikliebhaber mit einem Funken Anstand hat hier absolute Kaufpflicht.
© Century Media Records
Trackliste:
1.Mother Of The Soul (5:39)
2.Astrid Falls (6:56)
3.Dead For A Day (4:35)
4.Dying For The Sun (6:14)
5.To The Calling Of Blood And Dreams (4:35)
6.The Math Of The Myth (3:52)
7.Crawling From Validity (4:11)
8.The Wedlock Observation (6:13)
9.The Inheritance (1:17)
Band: Witherscape
Album: The Inheritance
Spielzeit: 43:32
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Century Media Records
Veröffentlichung: 26.07.2013
Homepage: www.witherscape.com