Überraschung aus der Nachbarschaft
Da flattert mir dieser Tage das Debütalbum von Blacklands ins Haus – und zu meiner Überraschung stelle ich fest, dass diese Band aus meiner direkten Umgebung stammt. Aus dem Raum Viersen/Krefeld, um genau zu sein. Und obwohl ich mich in der lokalen Szene eigentlich recht gut auskenne, sagte mir der Name zunächst nichts. Also: Bandinfo aufgeschlagen.
Gegründet wurde Blacklands bereits 2006 von Thomas Kelleners, Schlagzeuger bei Heavenward und Gründungsmitglied von Lucifer’s Heritage (aus denen später Blind Guardian hervorgingen). 2009 stand das erste feste Line-up, 2011 folgte ein Demo, und Anfang 2012 entschloss man sich, das Debütalbum in Eigenregie aufzunehmen. Nun liegt es mit A New Dawn endlich vor.
Songs zwischen Prog, Rock und Atmosphäre
Den Auftakt macht „Cold Embrace“, ein siebenminütiger Song, der mit Piano beginnt und sich zu einem feinen, leicht progressiven Rockstück entwickelt. Hier fühle ich mich an ruhigere Sylvan erinnert, wobei Blacklands sich deutlich unterscheiden – schon allein dadurch, dass mit Moja Nardelli eine Frau am Mikro steht. Ihre glasklare, fast musicalartige Stimme passt perfekt zum sphärischen Sound.
„Dance of the Witches“ startet düster, entwickelt sich dann aber zu einem fast mittelalterlich anmutenden Progrock-Song mit Flötenparts. Im Titeltrack erhält Moja Unterstützung von Dragonsclaw-Sänger Giles Lavery, was den Song zu einem spannenden Hybrid irgendwo zwischen Ayreon und Marillion macht.
Besonders in den ruhigeren Momenten glänzt Moja: „Oceans of Tears“ punktet mit einem großartigen Pink-Floyd-Tribute-Solo, während „I Can Hear Your Heart“ durch seinen ausufernden Aufbau Gänsehaut erzeugt. Gitarrist Michael Stockschläger steuert an vielen Stellen Backing Vocals bei und harmoniert ausgezeichnet mit Moja.
Herzstück der Platte ist jedoch das 15-minütige „Power Play“, bei dem Lennie Rizzo (Exxplorer) und Terry Gorle (Heir Apparent) als Gäste mitwirken. Massig Stil- und Stimmungswechsel machen den Song unberechenbar – selbst nach zehn Durchläufen entdeckt man immer noch neue Details.
Vielfalt und Leidenschaft
Genau diese Unvorhersehbarkeit macht A New Dawn so stark. Man spürt, dass die Songs im Proberaum gewachsen sind, nicht am Reißbrett entworfen wurden. Die Einflüsse sind vielfältig: ein bisschen Marillion, ein Hauch Pink Floyd, dezente Prog-Metal-Elemente, gelegentlich mittelalterliche Anklänge wie bei Blackmore’s Night – und all das fügt sich harmonisch zusammen.
Klar, soundmäßig muss man kleinere Abstriche machen. Obwohl die Platte ordentlich klingt, merkt man, dass es sich nicht um eine vollprofessionelle Produktion handelt. Der Gesang liegt etwas zu sehr „auf“ der Musik, und bei den Lautstärken im Mix gibt es leichte Schwankungen. Aber das ist eigentlich Erbsenzählerei – denn die großartig arrangierten Songs machen diese kleinen Makel mehr als wett.
Fazit
Es ist schon fast eine Schande, dass heutzutage jede Belanglosigkeit einen Plattenvertrag bekommt, während kreative Bands wie Blacklands ihre Musik auf eigene Faust veröffentlichen müssen. Wahrscheinlich ist ihre Musik einfach zu anspruchsvoll für 90 % der Nebenbeikonsumenten. Ich hoffe inständig, dass sich das ändert – Blacklands hätten es mehr als verdient.
Jeder, der auch nur annähernd etwas mit melodischem, leicht progressivem Rock anfangen kann, muss hier reinhören. Fans von Ayreon, Pink Floyd oder Marillion sowieso. Blacklands haben ein starkes, eigenständiges Debüt abgeliefert – und das ohne Label im Rücken. Hatte ich schon erwähnt, dass es eine Schande ist, dass die Band noch keinen Plattendeal hat? Genau. Kaufen! Ich habe mir trotz Promo mein Original geholt. Basta.
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Trackliste:
1. Cold Embrace (7:06)
2. Dance of the Witches (4:51)
3. A New Dawn (6:11)
4. Ocean of Tears (5:02)
5. Remember your Time (6:13)
6. I can hear your Heart (8:01)
7. Floating Pictures (4:26)
8. Love will never die (5:19)
9. Memories (6:59)
10. Take (5:01)
11. Powerplay (15:20)
12. The me (3:52)
Band: Blacklands
Album: A New Dawn
Spielzeit: 78:21 min.
Plattenfirma: Eigenproduktion
Veröffentlichung: 01.02.2013
Homepage: www.blacklands.de