Auf der Suche nach Stabilität
Spock’s Beard hatten es in den letzten zehn Jahren alles andere als leicht. Nach dem Ausstieg von Frontmann Neal Morse übernahm Drummer Nick D’Virgilio das Mikrofon – und die Band suchte lange nach einer neuen Identität. Doch auch D’Virgilio verließ die Band, weil er sich beim Cirque du Soleil verpflichtet hatte. Damit standen Spock’s Beard erneut ohne Sänger da.
Die Lösung kam jedoch schnell: Ted Leonard, bekannt von Enchant, war bereits als Aushilfe eingesprungen und wurde nun offiziell Teil der Band. Gleichzeitig rückte Tour-Schlagzeuger Jimmy Keegan in die feste Besetzung auf. Die Frage war nur: Wie würde Leonard sich im Zusammenspiel mit Spock’s Beard schlagen?
Ein gelungener Neustart
Der Opener „Hiding Out“ liefert die Antwort. Der Song startet vertraut im typischen Spock’s-Beard-Stil, verwandelt sich mit Leonards Stimme fast in einen Enchant-Track, bevor er zur Mitte hin wieder voll und ganz Spock’s Beard wird. Eine clevere Mischung und für mich einer der besten Songs, die die Band seit Jahren geschrieben hat.
Mit „I Know Your Secret“ wird es funky, entwickelt sich aber bald zu einem Rush-ähnlichen Riffrocker, getragen von Dave Meros’ markanter Basslinie und Al Morse’ unkonventionellem Gitarrenspiel. „A Treasure Abandoned“ überrascht mit funkigen Rockelementen, die fast in Richtung Red Hot Chili Peppers gehen, ohne das typische Flair der Band zu verlieren. Die Halbballade ist stimmungsvoll und fein arrangiert.
„Submerged“ wirkt noch moderner – nicht zuletzt durch Leonards Stimme, die Erinnerungen an Alter Bridge weckt. Ungewöhnlich für Spock’s Beard, aber dennoch stark. Danach folgt mit „Afterthoughts“ ein besonderer Moment: Die Fortsetzung der „Thoughts“-Reihe entstand in Zusammenarbeit mit Neal Morse. Das Ergebnis klingt ganz in der Tradition der alten Glanztaten, mit den legendären Gentle-Giant-artigen Satzgesängen im Mittelteil. Ein Highlight, das alte Fans sofort abholt.
„Something Very Strange“ macht seinem Namen alle Ehre: spacig, voller Stil- und Tempowechsel, irgendwo zwischen Enchant und Spock’s Beard, mit tollen Gesangsarrangements – ein Song, der Zeit braucht, aber wächst. Den Abschluss bildet das 12-minütige „Waiting for Me“, erneut gemeinsam mit Neal Morse geschrieben. Ein epischer Longtrack, der Erinnerungen an Klassiker wie „Day for Night“ oder „At the End of the Day“ weckt.
Fazit
Die Produktion hält sich angenehm zurück, wirkt eher basisch und überlässt den großartigen Musikern den Raum, den sie brauchen.
Spock’s Beard haben mit Brief Nocturnes and Dreamless Sleep nach Jahren der Unsicherheit wieder zu alter Form gefunden. Ted Leonard passt stimmlich hervorragend ins Gefüge, bringt frischen Wind und trotzdem Nähe zu den alten Wurzeln. Besonders die Zusammenarbeit mit Neal Morse sorgt für jene magischen Momente, die in den letzten Jahren gefehlt haben. Ob es irgendwann sogar zu einer kompletten Reunion kommt? Wer weiß. Träumen darf man ja.
![]()
Trackliste:
1. Hiding Out (7:14)
2. I Know Your Secret (7:42)
3. A Treasure Abandoned (8:56)
4. Submerged (5:00)
5. Afterthoughts (6:08)
6. Something Very Strange (8:23)
7. Waiting For Me (12:36)
Band: Spock´s Beard
Album: Brief Nocturnes and Dreamless Sleep
Spielzeit: 55:59 min.
Plattenfirma: Inside Out Music
Veröffentlichung: 22.03.2013
Homepage: www.spocksbeard.com